thWas macht der Skipper, wenn der Familienrat sich für zwei bis drei Jahre die Nordsee als Segelrevier ausgeguckt hat? Es sucht einen geeigneten Liegeplatz in einem gemütlichen Hafen. Der auch noch für die Ocean Spirit passen muss. Tiefgang und Länge sind ja nicht gerade optimal für das Wattenmeer. So folgte die Ocean Spirit 2012 dem Ruf der Marine für Nordsee-Skipper. Denn für die nächsten Jahre soll das Hooksmeer, ein großer Binnensee mit Seeschleuse und etwa 400 geschützten Liegeplätzen in der Marina Hooksiel, das Zuhause für Schiff und Crew sein. Hooksiel ist das Tor zur Nordsee, Ausgangspunkt sowie auch Stützpunkt für beliebte Ziele wie Wilhelmshaven, Helgoland und/oder die Friesischen Inseln. Da schau´n wir mal, was uns erwartet.

Aber erst einmal öffnen sich nach einer entspannten und sonnigen Kanalpassage mit viel Natur, dicken Pötten, Kreuzfahrern und unzähligen Campern (Sehleute), die das Ufer des Nordostsee-Kanals (NOK), oder, wie die englisch sprechenden Skipper zu sagen pflegen, Kiel-Canal, säumen, die Schleusentore von Brunsbüttel.

Nordsee gleich Mordsee!? Das angeblich schwierigste Revier weltweit. Gezeiten, Rechnen, Planen, Tidenströme, Wind, Wellen ohne Ende, Sandbänke, Fahrwasser, Berufsschifffahrt, schlechtes Wetter; für viele Segler das Horrorszenario schlechthin. Naturgewalten eben. Unaufmerksamkeiten werden sofort bestraft, Sandbänke, Untiefen Watt, ich mag immer Herausforderungen. Hält jung. Das Hirn hat etwas zu tun, die Synapsen funken in heller Aufregung. Aber erst einmal geht es die Elbe flussabwärts mit ablaufendem Wasser nach Cuxhaven in die City Marina. Wind aus Nordost mit 4 Bft., „braune Brühe“, sich verdunkelnder Himmel und mit über acht Knoten Fahrt über Grund empfängt uns die „Alte Liebe“ in Cuxhaven. Cuxhaven Lock auf Kanal 69 und die Brücke öffnet sich wie von Geisterhand.

Tags darauf sehen die Wind- und Wetterverhältnisse ganz anders aus. Wind? Wo ist der Wind? Kaum in der Nordsee und schon ist nichts mehr planbar. Spiegelglattes Blau, Windstille, leicht bewölkt tuckert die Ocean Spirit gemütlich unter Motor entlang der Fahrwassermarkierungen in Richtung Jade. Doch die letzten 15 Seemeilen sollten noch Spaß bereiten. Skipper glücklich, Skipperfrau amüsiert, Blister in Startposition, Sonne prall am Himmel, Wind 12 bis 16 Knoten aus Nordost. In Rauschefahrt, natürlich mit auflaufendem Wasser sowie drei Knoten Schiebestrom donnern wir die Jade hinauf – Hooksiel wir kommen! Segeln in höchster Vollendung. Erwartet uns dort eine großflächige Waldlandschaft, der alte Hafen von Hooksiel, direkt im Ortskern und Liegeplatz 258 an Steg 7.

Hooksiel ist eine Perle an der Nordsee. Urgemütlich, normal alles, was das Herz begehrt. Ruhe, Entspannung und Erholung. Für die Kids entsprechende Abwechslung; die Eltern erfreuen sich der Natur. Wären da nicht einige Personen, die einem das Ankommen richtig verderben können. Sind neue Gäste Willkommen oder nicht!? Bevor der Skipper fast handgreiflich wird steht jedoch erst einmal die knifflige Zufahrt in den Vorhafen zur Seeschleuse an. Mit zwei Metern Tiefgang geht es nur mindestens zwei Stunden vor und nach Niedrigwasser. Und wenn Jadetraffic Mindertiefen über die Funke übermittelt, hilft nur Geduld und Spucke. Also, no Risk, no Fun! An der grünen Ansteuerungstonne zum Vorhafen stop, Anker fällt auf viereinhalb Meter, Kaffee und Kuchen zum Nachmittag und alles wird gut.

Das Wasser läuft auf! Es wird Zeit Anker auf zu gehen und die Fahrrinne zum Vorhafen anzupeilen. Ansteuerungszeichen im Vorhafen im Blick, Strömung im Hinterkopf, Tiefenmesser vor dem Auge – Anspannung! 4,50 Meter, 4,00 Meter, 2,80 Meter, 2,50 Meter, 2,30 Meter, 2,20 Meter, Scheiße, vor oder zurück, 2,20 Meter, 2,20 Meter, 2,20 Meter, 2,80 Meter, 3,00 Meter, Vorhafen erreicht. Klar zur Schleusung ins Hooksmeer. Gute Vorbereitung ist sprichwörtlich die halbe Miete. Also, Schleusentore auf, Steuerbordseite zur Schleusung vorbereitet und rein in die Schleusenkammer. Da haben wir aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Schleusenguru, Herr und Bestimmer des Schleusenturms zückte sein Mikro, Lautsprecher an, Anschiss und Kommando für Rathe. Backbord festmachen, in einer Lautstärke und einem Ton, das einem Hören und Sehen vergeht. Zu so einem Spielchen gehören sprichwörtlich immer zwei. Der eine, der es versucht, und der andere, der es mit sich machen lässt. Nicht das die Ocean Spirit beidseitig zum Festmachen vorbereitet ist. Automatismen, die situationsbedingt immer ablaufen. Was der Skipper jedoch nicht will, will er nicht. Und, der Ton macht die Musik! Ja nun nicht. Als polnischer Staatsbürger, im Wangerland lebend und abeitend erbitte ich mir etwas mehr Respekt vor dem Alter, eine kundenorientierte Artikulation sowie menschengerechte Kommunikation. Über die kurze aber heftige Kommunikation zwischen Skipper und Schleusenwärter schreibe ich an dieser Stelle lieber nicht. So schnell habe ich noch kein Schiff auf Steuerbord festgemacht! 100 Meter und 30 Höhenmeter den Turm rauf in Weltrekordzeit. Da gab es, um es mal vorsichtig auszudrücken, eine sehr klare Ansage. Ein Wort holt das andere. 20 Jahre jünger… Der Seenotrettungskreuzer steht ja vor der Tür!

Auf meine Frage, ob Gäste immer so begrüßt werden, bekomme ich die Antwort: „Wenn es mir nicht passt, kann ich ja gern wieder gehn.“ Der Anfang vom Ende war bereits gegenwärtig eingeläutet. Hätte ich nicht bereits den Jahresliegeplatz reserviert und bezahlt, gebe es nur eine Entscheidung. Tief durchatmen und zurück zum Schiff. Eine kleine umfängliche Situation und die Vorfreude und Hafenatmosphäre ist dahin.

Trotz Familienrat hat mich Nicole gewarnt. Willst du wirklich nach Hooksiel und an die Nordsee? Ja, warum nicht? Nur fast kalkulierbare zwei Stunden Anreise, kein Stau, alles easy. „Unser „Dampfer“ ist zu groß für die Häfen, zu tief, zu kleine Häfen, keine Flexibilität, Tide, Rechnerei, früh raus, permanentes Schleusen und so fort.“ Wir testen das mal. Helgoland, Norderney, Borkum. Wilhelmshaven, die nordfriesischen Inseln lohnen sich. Versuch macht klug. Frauen, sie haben immer Recht! Die Vorfreude auf das Ankommen, gleichzeitig neugierig auf die Stegnachbarn sowie das gesamte Drum und Dran überwiegen.

In der Nachbetrachtung lohnt Hooksiel immer. Ich kann nur jeden Segler motivieren Hooksiel mit dem Hooksmeer einmal anzulaufen. Immer mindestens 2 Bft. weniger Wind als auf der Nordsee, draußen. Kein Schwall und immer ein freies Plätzchen vorfindend. Macht einfach Spaß. Der Weg lohnt sich als Zwischenstopp oder Endziel. Hooksiel als solches ist „schnuckelig“. Nordsee-Badestrand in der Nähe, Freizeitangebote für Kinder und Erwachsene, eine abwechslungsreiche Gastronomie und absolut empfehlenswert ist das pinkfarbene Eiscaffee.

Die Praxis sieht jedoch suboptimaler aus. Die Mehrzahl der Transitsegler, die von Westen in die Ostsee via NOK segeln und/oder umgekehrt, wählen den direkten Weg ohne Zwischenstopp in die Jade. Schade!

Nach zwei Jahren Nordsee zieht es auch uns wieder zurück in die Ostsee! Alles Machbare mit der SY OCEAN SPIRIT haben wir innerhalb der zwei Jahre „erobert“. In positiver Erinnerung bleiben die SY VERA mit Oliver und Ina, nebst Kindern, die SY DOPE des Eigners Wilhelm aus Göttingen, Bernd von der SY THOR und natürlich Familie „Flodder“ aus Oldenburg.

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