Wäschetrommeln, die Geldscheine produzieren

Ich spiele mal Raumschiff Enterprise. Logbucheintrag vom 27. September 2018 – Marina A Coruna, 17.30 Uhr. Skipper geht am Steg spazieren, leichte Brise, sonnig, angenehme Temperaturen. Eine deutsche Fahne nähert sich der Marina. Eine Bavaria 38 kommt auf mich zu und die Story nimmt seinen Lauf.

Was sofort auffällt, ist die dreieinhalb Meter lange und sehr massive Holzbohle, achterlich, quer über dem Cockpit. Mit dem Ding kannst du einen Elefanten erschlagen. Und einige deftige An- und Ablegespuren an der Außenhaut fallen ins Auge. Auf die Frage, wo sie anlegen können, gebe ich den Hinweis und die Hilfestellung gleich hinter der Ocean Spirit an den Steg zu gehen.

Ein nicht unsympathisches, eher hemdsärmeliges Eignerpaar aus Nordrhein Westfalen ist im Juni auf Rügen gestartet und hat gerade die Biskaya in 47 Stunden für 350 Seemeilen, und das bei bis über 30 Knoten achterlichen Wind überquert. Als gemütvoller, in sich ruhender Pfeifenraucher erzählte er mir stolz, dass es ein heißer Ritt unter voller Besegelegung gewesen sein soll. Zehn Mal kamen die bis zu sechs Meter hohen Wellen von hinten ins Cockpit. Die arme Bavaria und meine wirkliche Hochachtung für die Skippersfrau. Das macht nicht jede Partnerin oder Ehefrau mit. Ist es Risikobereitschaft, Unvermögen, Unerfahrenheit, Dummheit oder was auch immer, diese Strapaze für Mensch und Material in Kauf zu nehmen!? So kamen wir ein wenig ins Plaudern. Und bei den richtigen Fragen, kommen die meisten Menschen ins Mitteilungsbedürfnis.

Die beiden scheinen auf der Flucht zu sein. Ich hatte den Eindruck, sie hetzen von einer Destination zum nächsten Ziel. Es stellte sich heraus, dass sie auch gen Süden segeln. Sie möchten über die Wintermonate quer durchs Mittelmeer nach Kroatien. Dort möchten sie einige Jahre verweilen. Da konnte ich mich nicht wirklich zurück halten und habe die Sinnfrage gestellt. Es gibt aus meiner Sicht Schöneres als im Winter durch das Mittelmeer zu düsen. Gerade deshalb, weil es so viele schöne Flecken zu besichtigen gibt. Ich wurde noch neugieriger und habe dann auch vermutlich den Grund für diese Reise herausbekommen. Nach der Devise, wenn nicht jetzt, wann dann. Es geht vielen im mittleren Alter so, wenn die sogenannte Lebensmitte erreicht wird und/oder überschritten wurde. Dazu kommen häufig auch persönliche Schlüsselerlebnisse, wie auch bei diesen beiden. Da läuft mir jetzt noch die Gänsehaut den Rücken herunter.

Sie erzählte mir, dass sie vor drei Jahren dem Tod sprichwörtlich von der Schippe gesprungen sei. Von jetzt auf nun und ohne Ankündigung Gehirnblutung, Schüttellähmung, Herzstillstand und ab in die Kiste. Dann folgte das gesamte Programm. Reanimation, Intensivstation, Operation, Genesung und Kettenraucherin. Nur aufgrund der Tatsache, dass unmittelbar und durch reinen Zufall Ärzte und Sanitäter in der Nähe waren, habe ich sie kennenlernen dürfen.

Sie nehmen sich jetzt die Zeit. Nein, nehmen sie sich nicht. Sind auf der Flucht oder hetzen. Ohne Land und Leute, Kultur und Sightseeing. Haben Südengland, und das Segelparadies der Südbretagne ausgelassen und gemäß Erzählung wollen sie nur weiter. Sie werden es bereuen, oder planen vielleicht später eine entsprechende Rückreise.

Da ich sie nicht gefragt hatte, ob ich ein Foto machen darf und auch aufgrund des neuen Datenschutzgesetzes, muss ich etwas neutral formulieren. Jedenfalls kann man mit schmutziger Wetter augenscheinlich seine „Unabhängigkeit“ finanzieren. Einige Waschsalons in Nordrhein Westfalen machen dieses möglich. Und diese sind vollautomatisiert, lassen sich vom Handy und/oder Tablet steuern und kontrollieren. Alle acht bis zwölf Wochen muss der Skipper nach Hause fliegen, um vor Ort eine Kontrollrunde einzulegen. Cool, oder!?

Vorweihnachtliche Grüße aus dem Büro

HJR